Inspiration · weltenbrand

Fort geträumt

Die Bomben fallen, ein Inferno, das schreit.
Der Tod klopft nicht nur an ihre Tür.
Sie sitzt im Keller, sie betet und weint.
Ach wäre sie nur ganz weit fort von hier.

Sie schließt die Augen und träumt sich fort.
Dorthin, wo nur Vogelstimmen erklingen.
Sie träumt von Frieden, von einem Ort,
wo Nachbarn statt Kugeln ihr Kuchen bringen.

Im Winter des Lebens, gelebter Zeit,
sitzt sie alleine im Kerzenlicht.
Sie ist nicht nur müde, sondern auch alt.
Die Jungen der Welt, sie brauchen sie nicht.

Sie schließt die Augen und träumt sich fort.
Träumt sich zurück in vergangene Zeit.
Zu ihrem Mann und an jeden Ort,
der mit Glück ihre einsamen Tage vertreibt.

Verzweifelte Seele, ein Blick voller Sorgen,
der Hunger ist nur eine Frage von Tagen.
Die Dürre ist lang, hat die Ernte verdorben.
Und sie wird ein weiteres Kind begraben.

Sie schließt die Augen und träumt sich fort.
Träumt sich dorthin, wo die Kinder nun sind.
Sie träumt von Wohlstand, von einem Ort,
wo das Essen nicht in den Sand verrinnt.

Sie fühlt sich so stumpf, beinahe innerlich tot.
Verzweiflung und Hoffnung sind längst gewichen.
Es bleibt die Taubheit, die tägliche Not,
wenn sie zu ihr kommen, zu Grunde sie richten.

Sie schließt die Augen und träumt sich fort.
Sie träumt sich weg von Männerhänden.
Sie träumt von zu Hause, von einem Ort,
an dem ihre Qualen sich endlich beenden.

Inspiriert von der lieben Silvia – (Heim)lich

Copyright: Alexandra Breuer. Das Verwenden und Weiterverarbeiten meiner Texte ist, auch Auszugsweise, nicht oder nur mit meiner Genehmigung gestattet. Eine Weiterverbreitung ist bitte mit entsprechendem Hinweis auf mich zu erfolgen. Danke!

8 Kommentare zu „Fort geträumt

  1. Meine liebe Alex, völlig überrascht und absolut begeistert lese ich gerade Dein Gedicht und bin – trotz des traurigen Inhaltes – von der Qualität dieses Gedichtes hingerissen! Viel Detail, welches aber nicht die gefühlvollen, durchdachten Passagen übertüncht – einfach wunderbar!
    Bitte setze aber Dein Copyright darunter und verweise möglichst darauf, dass das Kopieren und Weiterverwenden des Gedichtes ohne Deine Genehmigung nicht gestattet ist (es sei denn, Du möchtest genau das). Du glaubst nicht, wie viel hier im Netz geklaut wird.

    Ich möchte Dein Gedicht gern als Link unter das meine setzen, wenn ich darf.

    Herzlichst,

    Sylvia

    Like

    1. Liebe Silvia,

      vielen Dank! Ich freue mich über dein Lob, ganz ehrlich. Während ich gestern an einer Kurzgeschichte schrieb, nachdem ich dein Gedicht, welches mich dazu inspiriert hat, gelesen hatte, musste ich daran denken, dass das fort träumen manchmal die einzige Möglichkeit ist, um der mitunter traurigen oder grausamen Realität zu entkommen. Und mir ging wegen des Titels deines Gedichtes ein Lied durch den Kopf, das auch dazu beigetragen hat :-). Dass dieses Lob aber ausgerechnet von dir kommt, ehrt und berührt mich gleichermaßen. Ich danke dir von Herzen dafür.

      Bisher hatte ich es nicht für nötig gehalten, einen extra Copyright-Verweis zu nutzen, aber das werde ich dann natürlich tun, wenn du mir dazu rätst.

      Und selbstverständlich darfst du den Link unter dein Gedicht setzen! Auch das ehrt mich ganz besonders. Ich danke dir.

      Ganz herzlich und mit einem Lächeln für dich
      Alex

      Like

Hinterlasse einen Kommentar